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Beauty im Wandel zwischen Selbstfürsorge, sozialer Ungleichheit und neuen Markenverantwortungen
Havas Prosumer Trendreport

Düsseldorf, 16. September 2025 – Schönheit war lange ein oberflächlicher Begriff, geprägt von Jugendlichkeit, Perfektion und Inszenierung. Doch der neue Havas Prosumer Trendreport „The Beauty Issue“ zeigt: In Deutschland verändert sich das Verständnis von Schönheit fundamental. Für die große Mehrheit der deutschen Prosumer – trendbewusste Konsument:innen – ist Schönheit heute stark mit Gesundheit verknüpft. Zugleich empfinden weit mehr als die Hälfte Schönheit als privilegienbehaftet – was die Gleichung „Beauty = Health = Wealth“ zur neuen gesellschaftlichen Realität macht und Marken vor neue kommunikative Herausforderungen stellt.

Schönheit wird zur Frage der Selbstfürsorge – aber auch der sozialen Gerechtigkeit

Das Schönheitsverständnis in Deutschland emanzipiert sich von äußerlicher Eitelkeit und wird zunehmend ganzheitlich gedacht. 71 % der deutschen Prosumer betrachten das Pflegen des Äußeren als ebenso wichtig wie mentale Gesundheit. Für 7 von 10 ist Schönheit zudem in erster Linie Ausdruck von Wohlbefinden, nicht von Verführung – ein klassisches Schönheitsbild, von dem sich insbesondere die Frauen (95 %) hierzulande deutlich lösen. Dabei umfasst die Pflege von Schönheit heute weit mehr als Skincare und Make-up, nämlich genauso gesunde Ernährung, Bewegung und Schlafhygiene als Bestandeile der individuellen Beautyroutine. Denn für 4 von 5 der deutschen Prosumer steht fest: Der beste Weg zu Schönheit führt über Gesundheit.

Trotz dieser neuen Offenheit bleibt eine strukturelle Spannung bestehen, denn Schönheit wird zwar als universeller Ausdruck verstanden, ihre Umsetzung bleibt jedoch abhängig von Ressourcen. So sind 3 von 5 der befragten Prosumer überzeugt, dass es leichter sei, schön zu sein, wenn man reich ist. Was in den sozialen Medien als „natürlich schön“ erscheint, ist häufig das Ergebnis kostspieliger Routinen, Produkte, Behandlungen und Zeit. Damit wird Schönheit zum Spiegel gesellschaftlicher Ungleichheit: demokratisch im Wunsch, elitär in der Realität. Dabei glaubt etwa die Hälfte der Befragten, dass Schönheit maßgeblich über sozialen und beruflichen Erfolg mitentscheidet. Was erklärt, warum auch 63 % der einkommensschwächeren Befragten Schönheit als notwendiges Bedürfnis empfinden – getreu dem Motto: Face Card statt Credit Card.

Ein Konflikt, der zu kreativen Gegenbewegungen führt, die die Hürden der Industrie bewusst unterlaufen. Trends wie „Recession Hair“ (sparsame Frisuren), „Dupe Culture“ (erschwingliche Produktalternativen) oder „Beauty-Tourismus“ (Reisen zu bezahlbaren Behandlungen) zeigen, wie kultureller Wandel von unten entsteht. Teilhabe wird nicht eingefordert, sondern neu definiert – durch kreative Selbstermächtigung im bestehenden System.

 

Identität statt Ideale: Warum Marken nicht mehr nur „schön reden“ dürfen

Obwohl rund drei Viertel der Prosumer Beauty-Werbung als zu jugendorientiert empfinden, wird die werbliche Darstellung von Schönheit nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern neu aufgeladen. Für viele Konsument:innen ist Schönheit eng mit Empowerment und Identität verbunden. So geben 3 von 4 der befragten Prosumer an, Beautyprodukte zu nutzen, um die Version ihrer selbst zu sein, die sie verkörpern wollen. Knapp die Hälfte glaubt zudem, dass Beauty-Marken eine wichtige Rolle dabei spielen, bestehende Schönheits-Stereotype kritisch zu hinterfragen.

Gleichzeitig wächst jedoch das Misstrauen gegenüber der Branche. Fast jede:r Zweite empfindet Markenbotschaften wie „Du bist schön, wie du bist“ als unehrlich und nur 27 % trauen Beauty-Marken zu, glaubwürdig über mentale Gesundheit zu sprechen. Eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit, die realitätsnahe Markenkommunikation zur strategischen Notwendigkeit macht.

„Schönheit ist heute weit mehr als Ästhetik – sie ist Ausdruck von Selbstfürsorge, Lebensqualität und sozialem Kapital. Damit wird insbesondere der Zugang zu Produkten zur zentralen Anforderung an Beauty-Marken“, erklärt Sandra Onofri, Chief Strategy Officer Havas Germany. „Gesundheit und Wohlbefinden als neue „Schönheitswährung“ zu begreifen, bedeutet auch, Verantwortung für Teilhabe und Fairness zu übernehmen. Wer als Marke im Beauty-Kosmos relevant bleiben will, muss über klassische Produktdynamiken hinaus denken und sich niedrigschwellig im übergeordneten Selfcare-Gedanken verorten. Es geht darum, Menschen in ihrer Realität abzuholen, ihnen Werkzeuge zur Selbstverwirklichung zu bieten und neue Narrative zu etablieren. Das beginnt mit dem richtigen Verständnis von Zielgruppen und ihren sich wandelnden Bedürfniswelten.“

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