Düsseldorf, 20. Mai 2025 – Die Konsumrealität in Deutschland verändert sich leise, aber grundlegend. Angesichts wachsender Umweltbedenken, steigender Lebenshaltungskosten und eines bewussteren Umgangs mit Ressourcen wird der Second-Hand-Markt zur tragenden Säule eines modernen Konsumverständnisses. Der aktuelle Havas Trendreport „Re-Think, Re-Sell, Re-Consume“ zeigt: Second-Hand ist in Deutschland längst kein Nischenthema mehr – sondern Ausdruck eines reflektierten Wertewandels, der Marken und Handel in die Verantwortung nimmt.
Nachhaltigkeit statt Schnäppchenjagd
Mit 41 % aktiven Wiederverkäufer:innen gehört Deutschland zu den führenden Märkten weltweit im privaten Resale. Auffällig ist dabei das hiesige Streben nach Nachhaltigkeit – ein Kontrast zu den meisten anderen Ländern, in denen finanzielle Vorteile im Vordergrund stehen. Für fast jede:n Zweite:n sind hierzulande Umweltschutz, Ressourcenschonung und Anti-Waste-Ansätze zentrale Beweggründe der Konsumentscheidung, die sich stärker denn je an gesellschaftlicher Verantwortung ausrichtet. Und das längst über klassische Kategorien wie Kleidung und Bücher hinaus: Immer häufiger wechseln heute gebrauchte Elektro- und Haushaltsgeräte (30 %), Möbel (25 %) oder Spielzeug (24 %) den Besitz und verdeutlichen damit die wachsende Breite nachhaltigen Konsums.
Auch gesellschaftlich ist dieser Wandel breit verankert. Während international vor allem jüngere Zielgruppen den Markt prägen, wird Second-Hand in Deutschland über alle Alters- und Einkommensgruppen hinweg praktiziert. Die über 65-Jährigen bilden darunter sogar die aktivste Nutzergruppe – ein klares Zeichen für gesellschaftliche Akzeptanz jenseits urbaner Lifestyle-Milieus.
Zwischen Skepsis und Markenvertrauen
Trotz der positiven Entwicklung bleibt Second-Hand in Deutschland ein ambivalentes Thema. Mehr als die Hälfte der Nicht-Käufer:innen bevorzugt weiterhin Neuware, rund ein Viertel äußert konkrete Qualitätsbedenken oder befürchtet versteckte Mängel. Dabei zeigen die Studienergebnisse jedoch, dass die Skepsis sich weniger gegen die Produkte richtet, sondern vielmehr gegen die Rahmenbedingungen. Für 4 von 5 der aktiven Käufer:innen ist Vertrauen nämlich ausschlaggebend – gespeist durch eine seriöse Markenwahrnehmung (61 %), hochwertige Produktdarstellungen (60 %) und glaubwürdige Bewertungen (48 %).
Im internationalen Vergleich fällt zudem auf, dass die Deutschen größeren Wert auf den Produktzustand legen – wohingegen weltweit vor allem das Sparpotenzial im Mittelpunkt steht. Auch beim Informationsverhalten gehen die deutschen Konsument:innen eigene Wege: 81 % informieren sich über klassische Online-Werbung zu Second-Hand-Angeboten, während Social Media hier eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielt. Für in Deutschland agierende Marken und Plattformen unterstreicht dies die Bedeutung klassischer Markenkommunikation – getragen von Transparenz, Verlässlichkeit und strukturiertem Content.
Neue Erwartungen an den Handel – analog wie digital
Der Wunsch nach klaren Strukturen prägt den Markt zunehmend: Deutsche Konsument:innen fordern nicht nur nachhaltige Produkte, sondern professionalisierte Second-Hand-Erlebnisse – unabhängig vom Kanal. Besonders gefragt sind im Onlinebereich Wear-and-Tear-Indikatoren (80 %), Preisvergleichstools (84 %) und Echtheitszertifizierungen (73 %), die Vertrauen und Orientierung schaffen.
Obwohl der Einstieg in die Second-Hand-Welt meist im Netz beginnt, endet die Customer Journey nicht dort. 9 von 10 Befragten wünschen sich zusätzlich stationäre Angebote – etwa in Form eigener Second-Hand-Bereiche im Einzelhandel. Auch die hohen Zustimmungswerte für Rückkaufprogramme, gebrauchte Alternativen zu Neuware und integrierte Reparaturservices belegen: Konsument:innen erwarten durchdachte, markengestützte Lösungen über alle Touchpoints hinweg und ein klares Bekenntnis von Unternehmen zur Verlängerung von Produktlebenszyklen. Damit entwickelt sich Second-Hand allmählich vom Peer-to-Peer-Modell zur strategischen Retail-Herausforderung.
„Second-Hand ist in Deutschland keine impulsive Entscheidung, sondern Ausdruck eines reflektierten Konsums. Wer heute gebraucht kauft, erwartet mehr als Nachhaltigkeit – nämlich Transparenz, Qualität und professionelle Abläufe“, erklärt Sandra Onofri, Chief Strategy Officer Havas Germany. „Marken, die diesen Anspruch ernst nehmen und Second-Hand nicht nur ermöglichen, sondern professionell gestalten, sichern sich langfristig Vertrauen – und damit Relevanz in einer wachsend zirkulären Wirtschaft.“
- Second-Hand im Wandel